Donnerstag, 10. August 2017

Wie suche ich mein Wanderziel aus?

Die Frage mag trivial klingen, ist aber gar nicht so einfach zu beantworten. Denn oft muss man zwischen verschiedenen Aspekten abwägen: Möchte ich möglichst wenig Geld ausgeben? Oder möchte ich in möglichst spektakulärer Natur wandern? Möchte ich unterwegs möglichst wenig Menschen treffen, oder soll das Gebiet schnell zu erreichen sein? Dazu kommt, dass mir lange Zeit gar nicht bewusst war, welche Faktoren überhaupt eine Rolle spielen können. Die ersten Jahre war ich ausschließlich in den Bergen in Schweden oder Norwegen unterwegs. Immer zusammen mit meinem Bruder. Wir sind jedes Mal mit dem Auto gefahren. Und stets hatten wir gutes Wetter. Daraus hat sich für mich ein bestimmtes Bild ergeben: "Genau so sind Wanderurlaube." Als ich dann einen Freund in Kanada besucht habe und wir den Westcoast Trail gegangen sind, war ich überrascht: Wie, hier kann man das Wasser nicht einfach aus dem Bach trinken? Nicht direkt vor dem Zelt kochen? Das Essen in Metallcontainern verstauen wegen der Bären? Klar macht das Sinn, aber das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt.
Hier sind ein paar Dinge, über die es sich meiner Meinung nach lohnt Gedanken zu machen, wenn man sich das Gebiet für seine nächste Wanderung zusammenstellt:

  1. Wie groß ist mein Reise-Budget? Der Harz ist mit kleinem Geld zu machen und durchaus hübsch zu gehen. Auch in Skandinavien kann man günstig wandern, was dann allerdings etwas mehr Planung verlangt. Zelten ist dort in der Wildnis erlaubt und kostenlos. Aber Unterkünfte und Restaurants sind teuer. Und Flüge können natürlich auch ins Geld gehen. Wenn man genug Zeit mitbringt, kann man durchaus mit dem Auto fahren und ausreichend Lebensmittel mitnehmen. Dann zahlt man eigentlich nur für das Benzin und die Fähre. Fliegt man hingegen und muss dann vor und nach der Wanderung noch jeweils 1-2 Nächte in einem Hotel/Hostel übernachten, dann ist das Ganze schon nicht mehr so günstig.
  2. Welche Landschaft möchte ich durchwandern? Und wie viel Abwechslung möchte ich gern haben? Ich persönlich mag die Norwegischen Berge und kann dort eine Woche wandern, ohne dass ich mich sattsehen kann. Von anderen weiß ich aber, dass ihnen das zu öde ist. Andersherum wandere ich nicht gerne im Wald (zumindest nicht länger als ein paar Stunden), weil man dort selten weit gucken kann und man ständig mit dem Rucksack an irgendwelchen Ästen hängenbleibt. 
  3. Wie erfahren bin ich? Bin ich allein unterwegs? Wie viel Abenteuer darf es sein? Generell sollte man natürlich mit eher leichten Touren (und möglichst sicher) starten und sich dann ggf. von Tour zu Tour steigern - wenn man es denn möchte. Sicherheit geht vor, ganz besonders, wenn man allein unterwegs ist! Hier ein paar Dinge, die man sich eher zumuten sollte, wenn man schon Erfahrung gesammelt hat: Wie viele markierte Wege gibt es? Wie gut sind diese ausgeschildert? Wie viele Hütten und Orte liegen auf dem Weg? Wie viele andere Wanderer werden wohl unterwegs sein? Wie schwierig ist das Gelände? Gibt es Handy-Empfang? Mit welchem Wetter ist zu rechnen? Gibt es gefährliche Tiere (Bären in Alaska)? Wie einfach ist es, Trinkwasser zu bekommen?
  4. Zu welcher Jahreszeit werde ich unterwegs sein? Diese Frage ist insbesondere dann relevant, wenn man außerhalb der Hauptsaison wandern möchte. In Skandinavien beispielsweise werden im Frühjahr Sommerbrücken über größere Flüsse gebaut - und im Spätsommer wieder abgebaut! Darüber sollte man sich informieren. Ähnlich verhält es sich mit Hütten, die meist nicht das gaze Jahr über geöffnet sind. Und natürlich ist es unerlässlich, sich über das Wetter zu informieren (in den Bergen muss man oft auch im Juli mit Schneefall rechnen).
  5. Wie viel Zeit habe ich? Diese Frage ist nicht nur für die Planung der eigentlichen Wanderung relevant (schaffe ich die Tour in 5 Tagen?), sondern auch für die An- und Abreise. Häufig ist es nämlich gar nicht möglich, den Einstiegspunkt einer Wanderung innerhalb eines Tages zu erreichen - insbesondere, wenn man mit Flugzeug/Bus/Bahn unterwegs ist.
  6. Wie schwer darf mein Rucksack sein? Hieraus ergibt sich zuerst einmal, ob es eine Hüttentour wird oder eine Zelttour. Hüttentouren haben natürlich den Vorteil, dass ich deutlich weniger Gewicht schleppen muss und die Gewissheit habe, im Trockenen und Warmen zu essen und zu schlafen. Dafür sind die Etappen genau vorgegeben, und ich kann mich nicht spontan entscheiden, an einem schönen Ort mein Zelt aufzuschlagen (was allerdings in den meisten Ländern eh nicht erlaubt ist). Darüber hinaus kosten Übernachtungen in Hütten in der Regel Geld, und man ist selten allein, was Vor- und Nachteil sein kann. 
  7. Bei welchen Temperaturen möchte ich wandern? Für Sonnenanbeter ist eine Wanderung in Island nicht zu empfehlen, denn dort muss man nachts auch im Sommer mit Minusgraden rechnen. Dann wird es vermutlich eher Richtung Süden gehen. Ähnlich verhält es sich mit Feuchtigkeit: Wer möglichst wenig Regen riskieren möchte, der sollte nicht in Schottland wandern.
    Das Wetter hat natürlich einen direkten Einfluss auf die Ausrüstung, die ich mitnehmen muss, und damit auch auf das Gewicht. Bei kälteren Temperaturen sind ein dickerer Schlafsack und eine dickere Isomatte ebenso angesagt wie ein dicker Pulli und zusätzlicher Brennstoff.

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